Geldpolitische Lagebeurteilung vom Juni 2023

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) gab an ihrer Sitzung vom 22.06.2023 die Erhöhung des Leitzinses um 25 Basispunkte (0.25%) auf 1.75% bekannt. Das hat eine weitere Verteuerung der Saron-Hypotheken zur Folge.

 

Aus Sicht der SNB positiv zu werten ist die rückläufige Entwicklung der Kerninflation, welche aktuell unterhalb 2.0% notiert; und auch die importierte Teuerung ist jüngst stark zurück-gekommen.

 

Der Knackpunkt für die Währungshüter stellt indes die Teuerung der Inlandsgüter dar, welche weiterhin über dem Zielband liegt.

 

Darin sind vor allem die steigenden Mieten ein Problem. Die Mieten machen für eine Durchschnittsfamilie einen der grössten Posten im Haushaltsbudget aus und haben ein hohes Gewicht im Warenkorb, welcher der Berechnung der Inflationsrate zugrunde liegt.

 

Die Krux ist nun, dass viele Mietverträge Mietpreisanpassungen vorsehen bei einer Erhöhung des Referenzzinssatzes – wie dies aktuell der Fall ist.

 

Durch den aktuellen Zinsschritt wird eine weitere Erhöhung der Mieten im zweiten Halbjahr wahrscheinlich und befeuert wiederum die Inflation im Inland, eine Art unerwünschter Zirkelbezug.

 

Dennoch ist es so, dass auf gesamtwirtschaftlicher Ebene die Bremseffekte der höheren Zinsen in der Tendenz eine Verringerung der wirtschaftlichen Aktivitäten und damit eine Einbremsung der Wirtschaft zur Folge haben, was insgesamt den Preissteigerungen Einhalt gebieten und sich in einer alsbald auch sinkenden Inflationsrate im Inlandsbereich äussern sollte.

 

Dabei darf nicht vergessen werden, dass die straffere Geldpolitik Zeit braucht, bis sie die volle Auswirkung auf die Konjunktur entfaltet. Ausserdem muss die Zentralbank sicherstellen, nicht durch zu aggressive Zinserhöhungen die Wirtschaft komplett abzuwürgen – Ziel ist das sogenannte «soft landing».

 

Auch die Zentralbanken der USA (Fed) und Europa (EZB) sind mit der Bekämpfung der Geldentwertung beschäftigt. Der Leitzins in den USA notiert bereits auf nominell beträchtlich höherem Niveau, wobei die Fed zuletzt eine Pause bekannt gab.

 

Insgesamt rechnen viele Beobachter und auch wir deshalb mit einem Ende des Zinserhöhungszyklus im weiteren Jahresverlauf – spätestens Ende des Jahres.

 

Die Zinsniveaus bleiben indes vorerst klar erhöht und im restriktiven Bereich; Zinssenkungen würden erst dann ein Thema werden, wenn sich die Konjunktur deutlich schwächer als erwartet entwickelt oder Inflationsgefahr vollständig gebannt ist. An diesem Punkt sind wir noch nicht.

 

23.06.2023

 

Philipp Jäggle

 

Geschäftsführer Refinum AG. Zuvor in verschiedenen Funktionen bei Banken in Zürich (UBS, Credit Suisse, ZKB) sowie einer Finanzierungsboutique. Studium der Betriebswirtschaft an der Universität St. Gallen (HSG) sowie CAS Corporate Banking & Finance.

 

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